Im Zeitraum von September 2019 bis Februar 2022 wurde von ExpertInnen aus Lettland (Biznesa augstskola Turība), Italien (Università degli studi di Genova), Litauen (Mykolo Romerio Universitetas) und Österreich (Universität Graz) das Erasmus+ Projekt „Justice across Europe: Cooperation Development among Mediators and Lawyers“ (CODEMAL), mit der Nummer 854024-CODEMAL-JUST-AG-2018/JUST-JTRA-EJTR-AG-2018, durchgeführt. Ziel ist es, die verstärkte Zusammenarbeit zwischen RechtsanwältInnen und MediatorInnen zu fördern: Die jeweiligen Berufsgruppen sollen bei der Anwendung von tradierten Verfahren in Familiensachen nicht bloß die herausfordernde rechtliche Dimension vor Augen haben oder diese völlig negieren, sondern möglichst abgestimmt und eng zusammenarbeiten. Durch den koordinierten Einsatz von Fachexpertise soll eine schnellere und kinderfreundliche Lösung ermöglicht werden.
Bislang haben MediatorInnen und RechtsanwältInnen oft nebeneinander aber nicht miteinander gewirkt. Der gegenwärtige Ansatz besteht darin, die Stärken und Ressourcen dieser Berufsstände zu kombinieren, sodass Konfliktbeteiligte im Lösungsprozess von (grenzüberschreitenden) Familienstreitigkeiten optimal begleitet werden. Dafür braucht es juristische Fachleute, die in Mediation geschult werden, um für die Mediation geeignete Fälle zu erkennen, die Parteien über die wichtigsten Vorteile und Merkmale dieses Verfahrens zu informieren und schließlich die Parteien ermutigen zu können, sich für eine Mediation zu entscheiden. Dieser Aspekt wurde auch bereits seitens der Europäischen Kommission für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) herausgearbeitet. In einem Toolkit zur Entwicklung der Mediation unterstreicht die Kommission dann auch die Notwendigkeit eines gerichtlichen Mediationspilotprojektes.
Eine wesentliche Aufgabe im Rahmen des gegenständlichen Projekts war die Ermittlung der Bedürfnisse der involvierten Professionen, welche von den ProjektpartnerInnen in nationalen Evaluationen unter MediatorInnen und RechtsanwältInnen erfragt wurden. Das Ergebnis zeigt, dass es an Wissen von Handlungsabläufen und daher an effizienter Zusammenarbeit mangle und wechselseitig das Vertrauen in die jeweils andere Berufsgruppe fehle. Folglich besteht ein Bedarf an persönlichem Austausch und geeigneten Materialien sowie an einem gemeinsamen Fortbildungsangebot. Dementsprechend wurde von den ProjektpartnerInnen etwa ein dreitägiges Seminarprogramm entwickelt, das psychologische und rechtliche Fragestellungen in familiären Konflikten beinhaltet, sowie ein internationales Netzwerktreffen von RechtsanwältInnen und MediatorInnen organisiert, an dem auch der Verband Steirischer Rechtsanwalts-Mediatoren teilgenommen hat.
Darüber hinaus wurden Materialien erstellt, die einerseits als Best-Practice-Beispiele aus verschiedenen Staaten mit unterschiedlichen familienbezogenen Sachverhalten konzipiert sind, welche als inspirierendes Lernmaterial dienen sollen. Das inhaltliche Schwergewicht bilden – und damit andererseits – Handlungsempfehlungen für die RechtsanwältInnen und MediatorInnen. Ihren Ausgangspunkt nehmen diese bei der Frage nach der Verfahrenswahl, reichen über die Verfahrensbegleitung der RechtsanwältInnen, beschreiben die Vorgänge beim Mediationsverfahren und schließen mit den Aufgaben im Rahmen der Begleitung nach der Mediation.
Alle im Rahmen des Projekts CODEMAL erarbeiteten Materialien (Best-Practice-Beispiele, Empfehlungen) wurden sowohl auf Englisch als auch in den Landessprachen (deutsch, italienisch, lettisch und litauisch) erstellt und von nationalen Behörden, dem Verband Steirischer Rechtsanwalts-Mediatoren und weiteren VertreterInnen der Mediation evaluiert. Das deutsch-englische Ergebnis finden Sie nunmehr hier: https://unipub.uni-graz.at/obvugrveroeff/content/titleinfo/7005304.